Predigt zum Himmelfahrtstag 2021
von unserem Pfarrer Christian Vornewald
Aus dem heiligen Evangelium nach Markus.
In jener Zeit erschien Jesus den Elf
und sprach zu ihnen:
Geht hinaus in die ganze Welt
und verkündet das Evangelium der ganzen Schöpfung!
Wer glaubt und sich taufen lässt,
wird gerettet;
wer aber nicht glaubt,
wird verurteilt werden.
Und durch die, die zum Glauben gekommen sind,
werden folgende Zeichen geschehen:
In meinem Namen werden sie Dämonen austreiben;
sie werden in neuen Sprachen reden;
wenn sie Schlangen anfassen oder tödliches Gift trinken,
wird es ihnen nicht schaden;
und die Kranken, denen sie die Hände auflegen,
werden gesund werden.
Nachdem Jesus, der Herr, dies zu ihnen gesagt hatte,
wurde er in den Himmel aufgenommen
und setzte sich zur Rechten Gottes.
Sie aber zogen aus und verkündeten überall.
Der Herr stand ihnen bei
und bekräftigte das Wort
durch die Zeichen, die es begleiteten.
Evangelium unseres Herrn Jesus Christus
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Am letzten Freitag habe ich Besuch bekommen: Da Vinci ist gekommen und hat sein Gesinde, sein Frauchen und Herrchen mitgebracht. Es klingelte und ich lief die Treppe herunter, um die Tür zu öffnen. Auf der Treppe hörte ich schon Wimmern und Jubeln und Jammern und Bellen, jemand kratzte ganz aufgeregt an die Tür. Jetzt nur schnell aufmachen, sonst nimmt unsere schöne alte Holztür Schaden. Als ich öffnete, schoss jemand auf mich los, sprang an mir hoch und konnte sich vor Freude kaum einkriegen. Richtig, Da Vinci ist ein Hund, vor einer ganzen Reihe von Jahren war ich mal eine Woche lang für ihn Hundepension. Seitdem sind wir Freunde. Seitdem ist es immer so, wenn wir uns wiedersehen. So eine Freude an mir erfahre ich selten. Ich will nicht vergleichen, doch Da Vincis Treue bewegt mich. Nur ein Hund, ist ja richtig. Trotzdem habe es mit innerer Anteilnahme neu wahrgenommen, dass es in den letzten irdischen Worten Jesu im Markusevangelium heißt: „Geht hinaus in die ganze Welt und verkündet das Evangelium der ganzen Schöpfung!“ „Der ganzen Schöpfung!“, früher hieß es in der Übersetzung „allen Geschöpfen!“ Und da gehört Da Vinci doch auch dazu. Ganz sicher! Und wer da noch alles dazu gehört. Alle Arten von Tieren, alle so wunderschönen Pflanzen, die Sonne, der Mond und die Sterne, die Luft, die wir atmen und und und … die ganze globale Welt!
Papst Franziskus hat vor einigen Jahren eine ganz wichtige Enzyklika geschrieben. Er hat sie mit einem Lobruf des heiligen Franziskus begonnen, Sie wissen schon, der, der auch den Tieren gepredigt hat, dem der Wolf gehorchte, und der Schwester Sonne und Bruder Mond gelobt hat und viele mehr! Sein Loblied, der sog. Sonnengesang beginnt mit den Worten „Laudato si …“ Genau so heißt die Enzyklika des Papstes.
Ortswechsel: In den letzten Tagen bei einer Talkrunde im Fernsehen. Es ging um die Klimapolitik. Seit dem Urteil des Verfassungsgerichts überschlagen sich unsere Politiker in Vorschlägen zu einer konstruktiven Umweltpolitik. Schließlich ist Wahl, da muss man das so machen. Die, die da waren, hatten gut auswendig gelernt: Unsere Partei wird sich dafür einsetzen, dass mehr investiert wird in erneuerbare Energien. Aber der Talkmaster fragte nach: Sie wollen also mehr Windräder bauen? Wollen sie das wirklich? Um den prognostizierten Energiebedarf in den nächsten Jahren zu decken, müsste ihre Anzahl mehr als verdoppelt werden. Damit können Sie keine Wählerstimmen bekommen! Der eine meinte dann ganz schnell, er wäre für offshore, die andere eierte herum. Es gäbe noch andere Möglichkeiten bla bla bla …
Natürlich muss etwas getan werden, damit künftige Generationen überhaupt leben können auf dieser Erde, aber irgendwie sind die noch lange nicht da, diese Zeiten, diese Generationen … und so bleibt meistens alles beim alten, oder es verändert sich viel zu wenig. Das neue Gesetz mit verschärften Klimazielen, das in dieser Woche schnell verabschiedet wurde im Bundestag, besteht zunächst mal vor allem in Ankündigungen. Wenn es an die Umsetzung geht, dann wird es schwierig. Ich habe ein bisschen miterlebt, wie sich Bürger in einer Siedlung wehren gegen größere Windräder in der Nähe ihrer Häuser, da wird argumentiert mit Windschatten an so und so vielen Tagen im Jahr und Dezibil und gesundheitlichen Schäden in Gutachten.
Geht hinaus in die ganze Welt und verkündet das Evangelium allen Geschöpfen! Der Papst bezieht dies auf den Auftrag in unserer Zeit gegenüber allen Menschen, gegenüber allen Geschöpfen. Und er benennt klar menschliche Schuld: er spricht von einer Kultur der Gier, dass 10% der Menschen über 80 % der Güter besitzen und die Ressourcen der Erde durch ihren Lebensstil verschwenden. Wir sind ein Teil davon. Wie das ändern? Ich glaube, das ist zunächst eine Frage des Bewusstseins, der Haltung zu den Dingen.
Verkündigung des Evangeliums meint mehr als Reden, sondern eine Kulturleistung, die alle Bereiche des Lebens einbezieht, die ganze Schöpfung. Im Evangelium geht es doch um Leben, es geht um Teilen, es geht um Liebe, die jede und jeder erfahren soll, es geht um Ver-antwort-ung, weil das Evangelium das Wort Gottes ist, auf das wir antworten. Denn wir glauben, dass da der lebendige Gott zu uns spricht, dass er uns ruft!
Gott? Gibt es ihn? Wo kann ich ihn erfahren? Wo ist er spürbar? Vielleicht kann da die intakte Natur mit all ihrem Leben, mit dem Sprießen und Wachsen jetzt im Mai eine erste kostbare Antwort geben! Gott ist der Schöpfer allen Lebens, er ist so wunderbar schöpferisch, so kreativ! Er ist herrlich! Christus ist die Vollendung der Schöpfung! Sie sei auf ihn hin, sagt der Kolosserbrief, er ist das JA zu allem, was Gott verheißen hat, heißt es im Korintherbrief. Blumen wachsen in der Sonne, Menschen blühen in der Liebe. Und es ist wohl kein Zufall, dass die entscheidenden Zeichen bei der Taufe Licht und Wasser sind: Gott sagt Dir und mir: Ich will, dass Du lebst. Und nicht nur Du, sondern meine wunderbare Schöpfung soll leben mit allem, was existiert. Wir sind aus Gott geboren, was für eine Zusage! Dass sich in diese Richtung unser Zusammenleben erneuert, dazu haben wir keine Rezepte, aber wir haben menschliche Ressourcen aus diesem Glauben:
Lange vor dem Haben, von dem sich manche das Leben erhoffen, wissen wir um das Sein! Wissen darum, dass Beziehung glücklich macht. Wir wissen um einen Gott, das heißt doch, dass es unendlich viel besser ist, dass es dich und mich gibt als wenn es dich und mich nicht gäbe. Ich muss es also nicht materiell bewiesen haben, ich bin mehr als das, was ich habe.
Beziehung macht glücklich. Das heißt doch, dass wir loslassen können. Und wir verlieren nichts, wenn wir nicht mehr alles haben, was wir meinen, dass es dazu gehört. Wenn Verzicht Beziehung bedeutet, dann mindert es meine Lebensqualität nicht, im Gegenteil.
Ob ich etwas als Glück erfahre, hängt oft nur davon ab, wie ich mich vergleiche. Wer um einen Gott weiß, relativiert alle Vergleiche und kann sich öffnen für das, was aus den Dingen und Menschen spricht. Es gibt den Witz, dass man im Trabi mehr Lebensfreude hat als im BMW. Man entwickelt schon bei 80 die starken Gefühle, die im BMW erst bei 200 aufkommen.
Bei einem französischen Dichter gibt es den Satz: dieses Leben ist nur das Boot, und nicht der Hafen. Das Boot, das ist ein wunderschönes Bild dafür, dass wir unterwegs sind. Das heutige Fest ist die Hoffnung, dass es den Hafen gibt und dass dieses Ziel der Himmel ist! Heute soll uns einleuchten, dass es so ist und die Tür durch Christus offensteht. Dann muss ich nicht jetzt heute alles haben und und jeden Genuss mitnehmen, dann können wir die eigenen Wünsche so relativieren und gelassen hinter uns lassen, weil wir auf etwas viel größeres zugehen, dann ist teilen ein viel größerer Genuss als für mich, für uns haben unter Ausschluss anderer. Wenn das Ziel der Himmel ist, dann bedeutet der Weg dahin, so miteinander zu leben, dass der Himmel beginnt. Und bitte nichts und niemand ausschließen, denn dann ist es nicht der Himmel.
Geht hinaus in die ganze Welt, denkt und lebt global, und verkündet das Evangelium der ganzen Schöpfung!