Herzlich Willkommen

Predigt zum 18.07.2021

von unserem Pfarrer Christian Vornewald

Hier können Sie sich die Predigt anhören

Aus dem heiligen Evangelium nach Markus.

In jener Zeit
 versammelten sich die Apostel, die Jesus ausgesandt hatte,
wieder bei ihm
und berichteten ihm alles, was sie getan und gelehrt hatten.
Da sagte er zu ihnen:
Kommt mit an einen einsamen Ort, wo wir allein sind,
und ruht ein wenig aus!
Denn sie fanden nicht einmal Zeit zum Essen,
so zahlreich waren die Leute, die kamen und gingen.
Sie fuhren also mit dem Boot in eine einsame Gegend,
um allein zu sein.
Aber man sah sie abfahren
und viele erfuhren davon;
sie liefen zu Fuß aus allen Städten dorthin
und kamen noch vor ihnen an.
Als er ausstieg, sah er die vielen Menschen
und hatte Mitleid mit ihnen;
denn sie waren wie Schafe,
die keinen Hirten haben.
Und er lehrte sie lange.

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Was man ohne alle Frage einem guten frommen Mann nach des Dienstes Müh‘ und Plage auch von Herzen gönnen kann! Frei nach Wilhelm Busch passt dies zu meinem Freund. Er ist in dieser Woche 70 Jahre alt geworden. Und damit ist er entpflichtet, wie er mir selber sagte. Keine Verpflichtungen mehr, er kann noch viel tun, aber er muss nicht. Na gut, mit 70, so ist das bei uns Priestern, da kann man die Entpflichtung von Herzen gönnen. Aber der zitierte Satz von Wilhelm Busch ist in der Urform wohl eher so gemeint, dass es um einen entpflichteten Abend geht. Ich möchte Sie/Euch einladen, ihn mal für die Zeit im Jahr zu nehmen, wo wir ein paar Wochen sozusagen entpflichtet sind, ich meine den Urlaub, oder kindgerechter die Ferien: was man ohne alle Frage nach des Jahres Müh und Plage auch von Herzen gönnen kann! Einmal alles zurücklassen, den Stress, so vieles, was auf den eigenen Schultern liegt und erledigt werden muss. Kleine und große Pflichten, kleine und große Probleme. Und dabei die Sondersituation, die sich durch die Schutzmaßnahmen gegen die Ausbreitung des Coronavirus ergeben hat. Und das bedeutete für manche, sich lange nicht zu sehen und begegnen und darin viel Einsamkeit, die eigenen Freunde oder die Oma und den Opa oder umgekehrt die Enkelkinder. Homeschooling oder Homeoffice, eine Situation, die mit viel Stress einherging, die große Ungewissheit und manchmal nicht geringer Verlust, bis dahin, dass manche erkrankt waren und es war nicht harmlos und sogar bis dahin, dass Menschen aus dem eigenen Umkreis gestorben sind … all das, was man in diesem Jahr angelehnt an Wilhelm Busch nennen kann „nach des Jahres Müh und Plage“. 

Kommt mit an einen einsamen Ort und ruht euch ein wenig aus!, sagte Jesus zu den Aposteln, nachdem sie wieder bei ihm versammelt hatten. Sie erzählten, was sie getan und gelehrt hatten, was sie erlebt hatten. Es braucht Zeit zur Reflexion, zur Erholung, zum Abstand. Und es tut gut, dass berichtet wird, dass Jesus dafür sorgt. Dabei spielt es keine Rolle, dass das Vorhaben nicht geklappt, weil man sie gefunden hat und die Anforderung wieder da war, von vielen vielen Menschen, die wie Schafe waren, die keinen Hirten haben.

Ferien sind eine solche Zeit. Ich freue mich schon sehr darauf. Und sollte das Geplante mal wieder nicht möglich werden, weil das Virus machtvoll mit Deltavariante sich wieder in unser Zusammenleben drängt, dann eben so, wie es möglich ist. Was solls?! Obwohl ich uns allen eine irgendwie pandemiefreie Zeit von Herzen wünsche. Nötig haben wir es alle: Mal nichts leisten müssen, keine Anforderungen, kein immer mehr und weiter powern, nichts muss termingerecht fertig sein, niemand, der sich beschwert und sich aufregt und in alledem kein Druck!!! Außer vielleicht die Sorge, dass alle, die mit dabei sind in den Ferien, glücklich sind. Das kann natürlich auch in Stress ausarten. Vielleicht hat die lange angespannte Nähe in der eigenen Wohnung ja auch zu Spannungen geführt, jetzt ist Zeit, sich anders und neu zu erleben. „Kommt, es ist Zeit, dass ihr mal rauskommt, Zeit füreinander habt, kommt mit an einen einsamen Ort!“ So ein einsamer Ort ist gar nicht so leicht zu finden, überall, wo es irgendwie schön ist, sind schon Massen anderer Leute, die auch von diesem Geheimtipp gehört haben. Schon vor zwanzig Jahren gab es den Satz: Ist’s wo schön und hat es Stil, steht ganz gewiss ein Wohnmobil! Jetzt stehen da zehn Wohnmobile. Aber vielleicht gibt es ja doch einen guten Ort, um Ferien zu machen.

Wobei ich mir dabei einen Hinweis nicht verkneifen kann. Die fürchterlichen Wassermassen, die so vielen Menschen das Leben gekostet haben in den letzten Tagen und unvorstellbare Not verursacht haben, sind auch verursacht durch unseren Lebensstil. Und unsere Ansprüche, sich an immer mehr Luxus zu gewöhnen und ihn selbstverständlich zu nehmen. Wieviel Liter Wasser muss sein pro Kopf. In der Frankfurter Allgemeinen, also keiner Zeitung, die verdächtig wäre, grüne Klientel zu sein, hieß es gestern im Hauptkommentar auf der ersten Seite: Die bittere Wirklichkeit, die sich aus diversen Analysen ableiten lässt, ist nicht mehr zu leugnen. Der Katastrophenfall enthält auch immer unsere eigene Handschrift. Und weiter wird nüchtern dargelegt, dass sich die Treibhausgas-Emissionen weiter erhöht haben in den letzten Jahren statt verringert. Zitat: „Für den Verkehr und im Gebäudesektor hingegen … werden fast weltweit und wie selbstverständlich immer mehr klimaschädliche Treibhausgase erzeugt, – weil die Menschen in reichen Ländern immer mehr unterwegs sind und mehr Wohnfläche beanspruchen.“ Gerade wenn wir auf unsere Kinder schauen muss es doch ein Umdenken und anders leben geben. Das ist nicht der ultimative Spaßkiller, sondern vielleicht sogar ein Weg zu mehr Lebensfreude! Für Menschen, die um Jesus wissen, eigentlich eine ganz einfache Logik: Es ist falsch und grobe Fehlplanung, wenn man meint, mehr Lebensstandart ergebe mehr Lebensqualität, im Gegenteil, man braucht nur immer mehr, um sich freuen zu können. Und viele Dinge, die sein müssen, an die wir uns gewöhnt haben, sind wirklich nur Gewohnheiten. Aber da wir nicht bereit sind, uns davon zu lösen, verschwenden wir Unmengen von überlebenswichtigen Ressourcen. Und am Ende steht man mit einer Flappe vor dem schönsten Bufett im Urlaubshotel, weil die und die Fleischspezialität nicht auf den perfekten Garpunkt gebracht wurde. Wer sich schon über ein Würstchen freuen kann, hat mehr von seinem Leben. Das gilt auch für Ferien!

Worin gründet die eigene Sehnsucht? Gestern war in unserem Dekanat eine Familienwallfahrt in Schwanebeck. Dort wird eine uralte Linde verehrt. Die Legende erzählt, dass ein Bauer eine Burse mit einer geweihten Hostie auf seinem Feld gefunden hatte. Er traute sich nicht, die Hostie an sich zu nehmen. Also steckte er einen Lindenstab an der Stelle in den Acker, damit er die Hostie leicht wiederfindet und holte den Pfarrer. Als er zu dem Feld mit dem Pfarrer zurückkam, war aus dem Stab ein Baum geworden. Er hatte da, wo die geweihte Hostie in der Erde lag, Wurzeln geschlagen und war gewachsen. Wurzeln da geschlagen, wo die Gegenwart Gottes ist. Und wenn man sich umguckt, dann sieht man die uralte Linde, leider in den letzten Jahren zusammengebrochen, aber rings herum sind lauter weitere Bäume gewachsen. Der Lindenbaum mit den Wurzeln an der Eucharistie hat Kreise gezogen! Ich glaube, darin liegt eine Einladung: Worin gründet die eigene Sehnsucht nach Glück, nach Liebe und aus der Liebe tiefe Freude? Geht da in die Tiefe, wo der lebendige Gott mitten unter uns ist, schlagt Wurzeln in Gott. Das hat viele Folgen: Das gute Wasser aus der Lebensfülle Gottes verändert den Blick, den man füreinander hat, vervielfacht die Lebenskraft füreinander, stärkt das Selbstvertrauen, dass ich nicht nur dann etwas bin, wenn ich die anderen übertreffe. Und es schärft den Blick dafür, was aus Kleinem werden kann. Da ist Leben aus der Quelle, was besseres und schöneres gibt es nicht. Und damit haben wir etwas eingeholt, was wir noch gar nicht wahrgenommen haben: Im Evangelium sind die Jünger eingeladen, an einem einsamen Ort sich auszuruhen. Das schönste ist doch aber; Jesus ist dabei, also Zeit mit Jesus! was man ohne alle Frage nach des Jahres Müh und Plage auch von Herzen gönnen kann!